Chemikalien-Lexikon  I


Indigo

Art.-Nr. 3177 Indigo (Reng) Pulver, 0260 Indigo (Indigotin, Indigoreinblau) synthetisch

Natürlicher Indigo:

Stammpflanze:

Indigofera tinctoria, I. anil und andere Indigofera species (Indigostrauch) aus der Familie der Fabaceae (= Papilionaceae Schmetterlingsblütler, in 3. Ordnung Fabales bzw. Leguminosae der Unterklasse Rosidae),

Herkunft:

ursprüngliche Heimat im tropischen Afrika; kultiviert in Vorderasien, China, Java und Sumatra, auf den Molukken, in Südmerika (Brasilien, El Salvador).

Die gelieferte Ware stammt aus Indien.

Synthetischer Indigo:

Bezeichnungen:

Indigotin, Indigoblau, Indigoreinblau, Anil, 2,2´-Biindolinyliden-3,3´-dion, 2-(1,3-Dihydro-3-oxo-2H-indol-2-yliden)-1,2-dihydro-3H-indol-3-on, C.I. Vat Blue 1

engl.: indigo, indigotin; frz.: indigo; ital.: indaco; span.: indigo, türk: civit Boya, cömlek boyas (von cömlek = "Tongefäß", zum Färben benutzt)

CAS-Nr.: [482-89-3]
C.I.-Nr.: 73000
EG/EINECS-Nr.: 207-586-9

Strukturformel:

Indigo: Struktur

Beschreibung: Indigo, natürlich

Botanik

Die Indigostaude wird bis zu 150 cm hoch und besitzt 9-15zählige, hübsch gefiederte Blätter. Indigo blüht in den Monaten Juli und August, wobei die Pflanze reichblütige Trauben ausbildet.

Gewinnung/Geschichte

Zur Gewinnung des Naturindigos werden die während der Blütezeit geernteten Indigopflanzen einem Gärungsprozeß unterworfen. Dieser Vorgang findet in Holzbottichen statt, wobei man die mit Wasser bedeckten Pflanzenteile etwa 12 bis 15 Stunden vergären läßt. Die verschiedenen Indigofera-Arten, insbesondere I. tinctoria (die lateinische Bezeichnung tinctoria bedeutet "färbend" und wird von alters her zur Benennung von Färbepflanzen verwendet) enthalten nämlich das Indigoblau nicht unmittelbar, sondern in einer Vorstufe, die chemisch an Traubenzucker (Glucose) gebunden ist. Dieses "Glucosid" heißt Indican und ist farblos! Im folgenden Abschnitt wird diese Umwandlung noch näher beschrieben. Auch der in früherer Zeit in Deutschland bedeutsame Färberwaid Isatis tictoria enthält Indican.

Die Färbung mit Indigo hat eine lange Tradition, denn die Blaufärbung mit ihm war in Ägypten schon vor 4000 Jahren bekannt. Im Verlauf der durch Sonnenwärme in Gang gesetzten Gärung löst sich das Indican unter Abspaltung von Glucose und Entwicklung von Kohlendioxid auf. Dabei spielt auch das in der Pflanze enthaltene Enzym Indoxylase eine Rolle. Belüftet man das vergorene Gemisch, so entsteht unter Sauerstoffaufnahme der natürliche Indigo: er scheidet sich in blauen Flocken ab. Jetzt wird das Wasser abgelassen und der Farbstoff gewaschen, abgepreßt und getrocknet. Man bezeichnet diesen Verarbeitungsstand als Rohindigo. Dieser besteht zu ca. 80% aus Indigotin (dem eigentlichen blauen Farbstoff), neben Indigorot (Indirubin) und Indigobraun.

Struktur: Indigorot

Es können sich weitere Reinigungsschritte anschließen. Meist kommt Indigo in Würfelform in den Großhandel. Das natürlich gewonnene Indigotin ist chemisch gesehen identisch mit dem synthetischen Produkt, weshalb der natürlich erzeugte Farbstoff aus Kostengründen in der industriellen Praxis kaum mehr eine Rolle spielt. Natürlicher Indigo wird übrigens auch von einer bestimmten Mutante des Pilzes Schizophyllum commune erzeugt; weitherhin ist es neben 6,6´-Dibromindigo im Antiken Purpur (von der Purpurschnecke gebildet) enthalten.

Beschreibung: Indigo, synthetisch

Indigo erscheint in Form von tief dunkelblauen Kristallen mit kupferrotem Glanz bzw. als dunkelblaues, körniges Pulver im Handel. In Wasser (auch in siedendem), Ethanol, Diethylether und auch in verdünnten Mineralsäuren ist der Farbstoff praktisch unlöslich. Zwar löst sich der Farbstoff in Nitrobenzol, Anilin und in geschmolzenem Naphthalin oder Phenol langsam auf, doch können solche Lösungen für die Färberei verständlicherweise nicht verwendet werden.  Lediglich konzentrierte Schwefelsäure vermag Indigo unter Sulfonierung zu lösen, wobei bei kaltem Ansatz eine grüne, bei Erwärmen eine blaue Lösung entsteht. Indigo ist ab ca. 300 °C sublimierbar und zersetzt sich oberhalb 390 °C.

Anwendung

Indigo ist ein traditioneller und wertvoller Textilfärbestoff. Er ist ein sogenannter "Küpenfarbstoff", da Indigoblau vor dem Färbevorgang erst in eine lösliche Form überführt werden muß (diese Lösung ist nur schwach gelb gefärbt und heißt Küpe). Die Bildung der löslichen Form erreicht man durch Reduktion des blauen Farbstoffs mit Natriumdithionit in alkalischer Umgebung. Die farblose Form heißt Indigoweiß oder Leukobase (Dihydroindigo).

Bildung der Leukobase

VERSUCH: Herstellung einer Indigo-Färbeküpe

Für Färbezwecke muß Indigo durch Reduktion in eine lösliche Form überführt werden. Die Anfertigung einer solchen "Küpe" wird im Folgenden beschrieben:

Indigo gepulv. 5 g
Ethanol ca. 2,5 ml
Wasser, erwärmt 150 ml
Natronlauge, konz. 6,5 ml
Natriumdithionit 7,5 g

Man rührt den gepulverten Farbstoff mit der angegebenen Menge Ethanol zu einer Art "Teig" an und gibt diesen in ein vorbereitetes Becherglas, welches das warme, am besten vorher abgekochte Wasser enthält. Die Mischung wird gut verrührt und die abgemessene konz. Natronlauge vorsichtig hinzugefügt (Nicht mit dem Mund ansaugen, Schutzbrille!). Am Schluß streut man das Natriumdithionit in einer Menge in die Suspension. Nun ist darauf zu achten, den Ansatz möglichst vorsichtig und LANGSAM durch Rühren mit einem Glasstab zu durchmischen, um die Küpe möglichst wenig dem Luftsauerstoff auszusetzen. Bald hellt sich die Färbung der Lösung auf, um beim nachfolgenden Erwärmen auf etwa 50 bis 60 °C (Wasserbad, Temperaturkontrolle!) gelblich zu werden. Die Oberfläche der Küpe zeigt bald eine deutliche, metallisch-schimmernde Blaufärbung, da die farblose reduzierte Form durch den Sauerstoff der Luft wieder zu Indigo oxidiert wird. Dieser Vorgang läßt sich noch deutlicher zeigen, wenn man ca. 5 ml der Küpe mit etwa 100 ml frischem Leitungswasser schüttelt - das Wasser enthält genügend gelösten Sauerstoff, um die ganze Mischung "indigoblau" zu färben!

Es ist daher auch möglich, mit der relativ farblosen Küpenlösung Sauerstoffgas analytisch nachzuweisen: Entwickelt man in einem Kolben mit aufgesetztem Glaswinkelrohr aus verd. Wasserstoffperoxidlösung und Braunstein Sauerstoff und leitet diesen in ein Reagenzglas mit der Küpe ein, so tritt alsbald die bekannte blaue Färbung auf.

Die Färbung von Textilfasern und Wolle ist mit der oben beschriebenen Färbeküpe grundsätzlich möglich, jedoch ist die Konzentration der Bestandteile für diese Anwendung recht hoch. Es genügt, mit einer verdünnten Färbelösung zu arbeiten, die man wie folgt ansetzen kann: 3 L Wasser weden in einem älteren Topf bei 50 bis 60 °C gehalten. Dazu gibt man 3 ml Ammoniaklösung 25% (dieser Ammoniakzusatz wurde von den frühen Färbern durch abgestandenen Urin ersetzt!), 2 g gepulvertes Natriumdithionit und anschließend vorsichtig (ohne Luft einzurühren!) 150 ml der konzentrierten Küpe. Die Färbelösung wird für 15 Minuten bei der angegebenen Temperatur gehalten. Das zu färbende Garn (z.B. Wolle) wird angefeuchtet und dann langsam in den Sud eingelegt. Nach abermaligem 15minütigem Warten kann die Wolle herausgezogen werden, wobei sich die Fasern durch den Sauerstoffzutritt sofort merklich färben. Die Färbung verdunkelt sich danach zusehends, besonders wenn man die Wolle auf einer geeigneten Unterlage locker ausbreitet, bis sie schließlich das bekannte Indigoblau erreicht hat. Die gefärbten Fasern müssen mehrmals mit klarem Wasser ausgespült werden, wobei einem "Spülgang" etwas Essig zugesetzt werden sollte. Die Küpe bitte nicht gleich verwerfen, denn sie läßt sich noch mindestens für drei weitere Färbedurchgänge benutzen. Um die Reibungsfestigkeit des aufgebrachten Farbstoffs zu erhöhen, kann man den 3 Litern Wasser 3 g (vorher einen Tag lang in etwas Wasser eingeweichten) Perlleim hinzugeben.

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Erstellt am 11.07.1999 * Letzte Änderung am 17.03.2001 *  © 1999-2001 OMIKRON GmbH