Chemikalien-Lexikon N

Natriumnitrit

Summenformel: NaNObzw. NNaO*  Mr / F.W. 69,00 g/mol

Andere Bezeichnungen: "Salpetrigsaures Natrium", lat.: Natrium nitrosum, Natrii nitris, Sodii nitris; engl.: Sodium nitrite; frz.: nitrite de sodium

CAS-Nr.: [7632-00-0]
EG/EINECS-Nr.: 231-555-9
EG-Index-Nr.: 007-010-00-4
RID/ADR: UN 1498 5.1/22c
HS-Nr.: 2834 10 00

Beschreibung

Bei der Substanz handelt es sich um farblose, oft auch schwach gelbliche Kristalle (kubische Prismen) oder um hygroskopische, an der Luft feucht werdende Kristallmassen oder Stäbchen. Natriumnitrit ist sehr gut wasserlöslich (1 Liter Wasser kann bei 20 °C bis zu 820 g des Stoffes aufnehmen), dagegen wenig löslich in Ethanol, praktisch unlöslich in Aceton. Die Dichte beträgt 2,17 g cm-3. Rotes Lackmuspapier wird durch eine wäßrige Lösung des Salzes schwach gebläut, der pH-Wert einer 5%igen Lösung liegt bei etwa 9. Die Substanz ist empfindlich gegen Säuren (Zersetzung) und Oxidationsmittel. Ein Geruch ist nicht wahrnehmbar, der Geschmack ist schwach salzig (Vorsicht, Giftstoff!).

Darstellung

Industriell gewinnt man Natriumnitrit durch Einwirkung nitroser Gase (NO/NO2, z.B. aus der Ammoniakverbrennung) auf Soda oder Natriumhydroxidlösung, z.B. nach

4 NO + Na2CO3 + O2  ==>  4 NaNO2 + 2 CO2oder

NO + NO2 + 2 NaOH  ==>  2 NaNO2 + H2

Im Labormaßstab eignet sich zur Herstellung von Nitriten auch die Reduktion von Alkalinitraten (im vorliegenden Fall geht man von Chilesalpeter, NaNO3 aus) mit metallischem Blei im Schmelzfluß:

NaNO3  +  Pb  ==>  NaNO2 + PbO

Durchführung: Man schmilzt 1 Mol (85 g) Natriumnitrat in einer eisernen Schale von ca. 15 cm Durchmesser und fügt portionsweise und unter guter Durchmischung der Masse 1 Mol (207 g) metallisches Blei hinzu, welches man vorher in kleine Stücke geschnitten hat. Nach der Zugabe des Bleis rührt man den Ansatz über eine Zeit von 30-45 Minuten mit einem stählernen Spatel gut um, bis alles Blei oxidiert ist. Sorgfältiges Rühren ist zur Erzielung einer guten Ausbeute wichtig. Nach der Reaktion wird abkühlen lassen, der Schaleninhalt in eine größere Eisenschale überführt und gut zerkleinert. Man laugt zunächst mit 200 ml und anschließend noch zweimal mit 75 ml Wasser aus und filtert das Ungelöste ab (Vorsicht, Bleioxid ist giftig/reproduktionstoxisch!). Zur Entfernung von Resten gelösten Bleis leitet man in das Filtrat einige Minuten (nicht länger) Kohlenstoffdioxid ein und entfernt den Niederschlag durch Filtrieren. Nach Neutralisation mit verd. Salpetersäure dampft man die Lauge weitgehend ein. Die erste Kristallausscheidung besteht größtenteils aus Nitrat; sie wird ebenfalls abfiltriert. Nun engt man das Filtrat vorsichtig bis zur Trockene ein und wäscht den nochmals kurz aufgeschmolzenen Rückstand (der im Wesentlichen aus mit wenig Nitrat verunreinigtem Natriumnitrit besteht) mit Ethanol. Beim Schmelzen von Natriumnitrit ist generell darauf zu achten, daß der Schmelzpunkt (271 °C) nicht wesentlich überschritten wird, denn ab 320 °C zersetzt sich der Stoff unter Bildung von Stickoxiden.

Anwendung

In der präparativen organischen Chemie zur Diazotierung (wichtig bei der Synthese von Azofarbstoffen), zur Einführung von Nitrogruppen, zur Herstellung von organischen Nitriten (wie Methylnitrit, Fieser/Fieser, S. 576) und von HNO2 (vgl. Sandmeyer-Reaktion) u.a.; in der Stahlverarbeitung zum Brünieren und Abschrecken; weiterhin als Komponente von Korrosionsschutz-, Frostschutz- und Reinigungspräparaten. In der Textilindustrie wird der Stoff z.B. zum Bleichen von Naturfasern eingesetzt, in der Lebensmittelverarbeitung als E 250 Bestandteil von Pökelsalz (die Verwendung ist gesetzlich beschränkt). Technisch als Beschleuniger bei der Kaltphosphatierung, zur Farbstabilisierung von Vinylharzen sowie als Zusatz zu Bohr- und Schleifwässern. Natriumnitrit wurde früher auch medizinisch verwendet als gefäßerweiterndes Mittel bei sklerotischen Veränderungen der Koronargefäße und bei Gefäßspasmen. Es wirkt dabei ähnlich wie das Koronarmittel Nitroglycerin. Die Verwendung bei Asthma ist ebenfalls verlassen. Daneben wird auch der Einsatz als Antidot bei Cyanidvergiftungen beschrieben (Methämoglobinbildner!), wobei heute aber DMAP 1) der Vorzug gegeben wird, da hier keine Kreislaufbeeinträchtigung auftritt. - Die Substanz ist selbst giftig, die letale Dosis für Menschen liegt bei etwa 4 g.

1) 4-Dimethylaminophenol

In der Arzneibuchanalytik zum Nachweis von Phellandren in Eucalyptusölen.

Nachweis

Natriumnitrit läßt sich qualitativ auf der Tüpfelplatte oder im Reagenzglas durch eine Reihe von Reaktionen nachweisen:

NITRITNACHWEISE:

a) Nachweis mit Eisen(II)-sulfat in schwefelsaurer Lösung:

1 Tropfen der Analysenlösung wird auf einer Tüpfelplatte mit 1 Tropfen 2,5 M Schwefelsäure versetzt. Zu dieser Mischung gibt man ein vorher mit 2,5 M Schwefelsäure gewaschenes Körnchen Eisen(II)-sulfat Heptahydrat. Enthält die Lösung Nitrit, so entsteht eine dunkelbraune Färbung um den Kristall herum, verursacht durch komplexes Pentaaquonitrosyleisen(II):

[Fe(NO)(H2O)5 ]2+

b) Spezifischer und empfindlicher Nachweis von Nitrit nach LUNGE:

Auf der Tüpfelplatte gibt man zu einem Tropfen der mit 5 M Essigsäure angesäuerten Untersuchungslösung  je einen Tropfen Sulfanilsäurelösung 1%ig und a-Naphthylaminlösung 0,3%ig. Durch Diazotierung und Kupplung bildet sich (sofern die Probelösung Nitrit enthalten hat!) ein roter Azofarbstoff.

c) Nitritnachweis mit Thioharnstoff:

Zu der mit 5 M Essigsäure angesäuerten Probelösung (z.B. aus dem Sodaauszug) wird 1 Körnchen Thioharnstoff gegeben und kurz erwärmt. Nach Zugabe eines tropfens 0,5molarer Eisen(III)-chloridlösung entsteht rot gefärbtes Eisenrhodanid.

d) Freisetzung von Iod aus Kaliumiodid:

Man säuert 2 ml des Sodaauszuges mit verdünnter Schwefelsäure an. Von dieser Lösung gibt man einen Tropfen auf Kaliumiodid-Stärkepapier. Bei Anwesenheit von Nitrit färbt sich das Reagenzpapier aufgrund des freigesetzten Iods blau:

2 NaNO2 + 2 KI + 2 H2SO4 ==>  I2 + Na2SO4 + K2SO4+ 2 NO ^ + 2 H2O

e) Bildung von Stickoxiden

Fügt man zu einer 10%igen Lösung (m/V) von Natriumnitrit vorsichtig 2 ml Schwefelsäure 80% hinzu, so bilden sich braune Dämpfe von Stickoxiden (nach DAB 7). Die zunächst gebildete salpetrige Säure zerfällt in ein Gemisch von NO und NO2, wobei NO an der Luft sofort zu NO2 weiterreagiert:

2 HNO2  ==>  H2O + N2O3  ==>  H2O + NO2 ^ + NO ^

Nachweise mit Diphenylamin und o-Aminobenzal-phenylhydrazon (Nitrin) siehe Jander-Blasius. Nachweis durch Diazoniumsalzbildung mit Safranin siehe Monographie Safranin O.

Chemische und physikalische Kenndaten

Dichte 2,17
Schmelzpunkt 271 °C
Zersetzungspunkt 320-330 °C
UV a353 = 0,317 (in wäßriger Lösung mit Zusatz von 5x10-3 mol/L NaOH

Maßnahmen zur Ersten Hilfe

Bereits kleine Mengen (ca. 0,5 g) können zu ernsthaften Vergiftungserscheinungen wie Blutdruckabfall, Versagen des Kreislaufs, Schwindel, Kopf- und Leibschmerzen, blaue Gesichtsfarbe u.a. führen.

Bei Verschlucken: Sofort durch Reizung des Rachens Erbrechen herbeiführen und anschließend reichlich Medizinalkohle pulv., aufgeschwemmt in Wasser, verabreichen.

Monographien: DAB 6, 7, 8; BP 73; USP XXII; PI3; ÖAB 90; Ph.Helv.VII; Reag. Ph.Eur.1998; FCC 3rd ed.

Literaturhinweise Natriumnitrit und Nitrite

[1] Birett K., Umgang mit Gefahrstoffen 3. Aufl. 1990 (ecomed Verlagsges. mbH, Landsberg)

[2] DAZ-Giftlexikon: DAZ 1986, S. 2683

[3] Deutsches Arzneibuch 6. Ausg. 1926 Neudruck 1951, S. 455f (Dt. Apotheker-Verlag, Stuttgart) - Monographie Natrium nitrosum

[4] Deutsches Arzneibuch 7. Ausgabe 1968, Kommentar von Böhme/Hartke, Reagenzienverzeichnis R 327; Monographie S. 1090 (WVG mbH Stuttgart, GOVI-Verlag Frankfurt)

[5] Deutsches Arzneibuch 8. Ausgabe 1978, Kommentar von Böhme/Hartke, S. 548ff (WVG mbH Stuttgart, GOVI-Verlag Frankfurt) - Monographie Natriumnitrit

[6] Ellmer R./Weil H., Anleitung zur qualitativen Analyse 6. Aufl. 1973, S. 21 (Umschau Verlag, Frankfurt/M.) - Einzelreaktionen der "weniger wichtigen" Anionen

[7] Elmadfa I./Muskat E./Fritzsche D., GU Kompaß E-Nummern 4. Aufl., E 250, S. 29, 36 (Gräfe und Unzer, 1999)

[8] Ewald C.A./Heffter A., Arzneiverordnungslehre 14. Aufl. 1911, S. 498 (Aug. Hirschwald, Berlin)

[9] Fieser L./Fieser M., Organische Chemie 2. Aufl., S. 576 (Verlag Chemie, Weinheim 1979)

[10] Food Chemicals Codex, Third edition (Fourth Printing) 1989, p. 293 (National Academy Press, Washington): Monographie "Sodium nitrite"

[11] HAGER´s Handbuch der Pharmazeutischen Praxis 5. Aufl., Band 8 Stoffe E-O, S. 1116ff (Springer-Verlag) - Monographie Natriumnitrit

[12] Hörath H., Giftige Stoffe - Gefahrstoffverordnung 3. Aufl. 1991, S. 24, 210 (Wiss. Verlagsges. mbH, Stuttgart)

[13] HUNNIUS Pharmazeutisches Wörterbuch 7. Aufl. 1993, S. 973 (Walter de Gruyter, Berlin und New York)

[14] Jander G./Blasius E., Lehrbuch der analytischen und präparativen anorganischen Chemie 13. Aufl. 1989, S. 199-201, 203 (S. Hirzel Verlag, Stuttgart)

[15] Kempter G. et. al., Studienbücherei: Praktikum zur allgemeinen und anorganischen Chemie 2. Aufl. 1975 (VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin)

[16] Latscha/Klein, Anorganische Chemie 1978, S. 309 (Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York)

[17] Laue W. (1981) Salpetersäure und Salpetrige Säure, Stickstoffoxide, Nitrate, Nitrite; Kap. 4.4 Natriumnitrit, in: Ullmanns, Bd. 20, S. 350 bis 352 (Verlag Chemie, Weinheim)

[18] Ridder K./Katholing F., Gefahrgutverordnung Eisenbahn mit RID (ecomed Verlagsges. mbH)

[19] RÖMPP Chemielexikon Hrsg. Falbe/Regitz 9. Aufl. 1995 Band 3, S. 2931f (G. Thieme Verlag,Stuttgart) - Eintrag Natriumnitrit

[20] Willmes A., Textbuch Chemische Substanzen 1. Aufl. 1990 (Eigenverlag der Dr. Willmes GmbH)

[21] Kolditz Lothar (Hrsg.), Anorganikum 6. Aufl. 1974, S. 808 (Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin) - (Nitritnachweise)

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Erstellt am 28.06.1999 * Letzte Änderung am 20.07.1999